05 Das Herz Europas
Wir nähern uns Dresden, begleitet von den Werken des Landschaftsmalers Johann Alexander Thiele. Auf der stark vergrößerten Kopie eines seiner Gemälde neben der Treppe geht der Blick von den Lößnitzhängen bei Radebeul flussaufwärts in das Elbtal. Die abwechslungsreiche Landschaft bot immer wieder Inspiration für Künstler wie Thiele und vor allem die Maler der Romantik.
Ein historischer Grenzstein zeigt symbolisch an, dass wir nun vor den Toren der Stadt stehen. Hier wird es Zeit, dem Mythos der barocken Residenz auf die Spur zu kommen. Zum einen ist es die Lage im malerischen Elbtal, die die Stadt ausmacht. Zum anderen ist es ihre Architektur mit den imposanten Bauwerken, den Kunst- und Kulturschätzen. Beide Elemente finden sich in den Gemälden Canalettos. So nimmt auch die Augustusbrücke eine besondere Stellung ein: Bis ins 19. Jahrhundert war sie der einzige ständig verfügbare Elbübergang in der Region und zugleich die Verbindung zwischen Dresden und Altendresden.
Das rechtselbische Altendresden, im Mittelalter aus einer slawischen Siedlung hervorgegangen, gehörte seit Mitte des 16. Jahrhunderts zur Residenzstadt. Nachdem es 1685 bei einem verheerenden Großbrand fast vollständig zerstört worden war, begann unter Kurfürst Johann Georg III. und dessen zweitältestem Sohn, August dem Starken, der Wiederaufbau nach den Prinzipien barocker Stadtplanung. Charakteristisch sind der trapezförmige Marktplatz und die schnurgeraden Straßen, die von repräsentativen Gebäuden abgeschlossen werden. Noch zu Augusts Lebzeiten erhielt der im Aufbau befindliche Stadtteil den Namen „Neue Stadt“ oder „Neue Königsstadt bey Dresden“, woraus sich die heutige Bezeichnung „Neustadt“ entwickelte.
Das barocke Dresden war die Residenz eines der sieben Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Doch August der Starke, geboren als Friedrich August I., wollte mehr sein als ein Kurfürst. Er strebte nach einer Königskrone, die er nur außerhalb des Heiligen Römischen Reiches erlangen konnte.
Gewaltige Bestechungsgelder, sein Übertritt zum katholischen Glauben sowie geschickte Diplomatie und militärischer Druck führten schließlich dazu, dass der Kurfürst 1697 als August II. in Krakau feierlich zum König von Polen und Großfürsten von Litauen gekrönt wurde. Der Aufstieg in den Kreis der großen europäischen Mächte war so geschafft.
Für die Nachwelt ist August der Starke vielfach ein Synonym für Verschwendung und Genusssucht – aber er war auch ein Förderer der Künste, der Wissenschaften und des Handels. In der nächsten Abteilung lernen Sie den Herrscher und seine Familie näher kennen.